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Das Ding mit dem Vergrößerer

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Seit mehr als 3 Jahren begeistern sich immer mehr Fotografen wieder für die analoge Fotografie. Zum Glück gehört der Grabenkampf „analog versus digital“ der Vergangenheit an und es ist keinesfalls ehrenrührig, sowohl digital als auch analog zu fotografieren. Ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Arten der Fotografie findet sich in der Ausarbeitung der Bilder. Über die hybride Arbeit haben wir schon mehrfach berichtet. Heute reden wir von der Arbeiten in der Dunkelkammer, die alleine der Analogfotografie vorbehalten ist. Viele Interessierte fragen uns, welche Geräte benötigt werden und wie man in der Dunkelkammer arbeitet. Alle Fragen zu diesem Thema können wir leider nicht in einem einfachen Blog-Bericht beantworten, aber das vielleicht interessanteste Gebiet beleuchten wir heute einmal eingehender: Der Vergrößerer.

Aus historischer Sicht betrachtet, gehört die Arbeiten mit einem Vergrößerer noch nicht so lange zum täglichen Fotografenhandwerk. Richtig modern wurde das Vergrößern erst, als mit der Ur-Leica das Kleinbildformat richtig in Fahrt kam. Noch in den 1930er Jahren war es üblich, Negative als Kontaktkopie auszubelichten. Somit hatten die Positive das gleiche Format wie auch die Negative. Mit dem Kleinbild ging das jedoch nicht mehr, da niemand an einem 24×36 mm großen Papierbild Spaß hatte. Zügig legte die Fotoindustrie nach und bot in schneller Folge auch für den Hausgebrauch geeignete Vergrößerer an. Neues erfinden musste eigentlich kein Anbieter, da schon in den Jahrzehnten vorher Vergrößerer hergestellt wurden. Im Grunde finden wir, wie fast überall in der Fotografie, auch hier wieder das Bauprinzip der „Laterna Magica“. Interessant ist auch, dass sogar viele Laufboden-, Fach- und Reisekameras als Vergrößerer genutzt wurden. Man legte einfach das Negativ in eine spezielle Halterung, darauf wurde ein Lichtkasten aufgesetzt und die ganze Konstruktion an einem Säulenstativ befestigt. Das Aufnahmeobjektiv war gleichzeitig das Vergrößerungsobjektiv. Da man sich in der damaligen Zeit hauptsächlich mit der Normalbrennweite begnügte, war das alles eine feine Sache und es funktionierte ohne größere Umbauarbeit oder Zusatzinvestition. Zudem wurden sowieso nicht sehr häufig größere Bilder abgezogen und so war das Ganze ausreichend komfortabel. Das änderte sich aber schnell, zuerst im Kleinbildbereich und kurz darauf auch in den größeren Negativ-Formaten. Selbstverständlich wurden ab diesem Zeitpunkt innovative Verbesserungen und Neuerungen in die Vergrößerer eingebaut, die oft gut und manchmal auch eher fragwürdig waren. Das Gute daran ist, dass wir heute auf ein breites Feld von Vergrößerern aus 2. Hand zurück greifen können und irgendwie sind sie alle gut.

Bei der Wahl des Vergrößerers muss man seine Negativ-Formate im Blick behalten. Viele Geräte sind ausschließlich auf Kleinbild ausgelegt. Die „Nummer größer“, also die für 6×6 cm Negative, kann man auch für das Kleinbild nutzen. Dies gilt auch für Vergrößerer im Format 6×7 cm oder gar 6×9 cm – alle sind abwärts kompatibel. Wer also eine Mittelformat- und eine Kleinbild-Kamera besitzt, sollte sich dann für das „große“ Gerät entscheiden. Jedoch muss man sich für das jeweilige Negativ-Format die richtige Vergrößerungsoptik zulegen. Hier gilt folgende Regel:

Negativ-Format und empfohlene Brennweite
18×24 mm = 35 mm
24×36 mm = 50 mm
4×4 cm = 60 mm
6×6 cm = 75 mm
6×7 cm = 90 mm
6×9 cm = 105 mm
9×12 cm = 135 mm
4×5 Inch = 150 mm
13×18 cm / 5×7 Inch = 210 mm

Jetzt noch einmal ein Blick in die Fotohistorie. Bis Ende der 1970er Jahre gab es ausschließlich Fotopapiere mit Festgradation. Als Ilford 1978 Schwarzweiß-Papiere mit variabler Gradation – Multigrade genannt – auf den Markt brachte, betrat die Fotografie ein vollkommen neues Terrain. Vorher war es nur mit Mühe möglich, den Bildausdruck durch die Art der Ausentwicklung so weit zu verändern, dass auch ein nicht 100% stimmiges Negativ zu einem guten Positiv wurde. Multigrade veränderte die Welt der Schwarzweiß-Fotografen. Recht schnell kam man auch auf die Idee, eine Belichtungsphase in mehrere Zeiten aufzuteilen und mit unterschiedlichen Gradationen in einem Bild zu Werke zu gehen. Die Arbeitstechnik des Splitgrade war erfunden. Erfahrene Dunkelkammer-Arbeiter bringen es hier zu wahren Meisterleistungen. Gradationen kann man mittels Gradationsfilter steuern, die sehr fein und genau arbeiten. Auch wenn wir an dieser Stelle nicht ausführlich auf das Gradationsthema eingehen, sollte man bei der Anschaffung eines Vergrößerers darauf achten, dass das Gerät eine Filterschublade hat. In diese Schublade kann man die Gradationsfilter bequem einlegen und auch Splitgrade-Technik lässt sich leicht und bequem realisieren. Es gibt natürlich auch elektronische Geräte, mit denen man die Gradation beeinflussen kann, aber für den Anfang dürften diese zu aufwändig und teuer sein. Und selbst Profis sind sich uneins, ob nun das elektronisch gesteuerte Splitgrade oder das Arbeiten über Gradationsfilter die bessere Lösung ist. Letztendlich ist das Geschmackssache. Und häufig werden auch Vergrößerer mit Farbmischkopf angeboten, die eigentlich für den Einsatz bei Farb-Vergrößerungen konzipiert wurden. Den Farbkopf des Vergrößerers kann man auch als Regelgerät für die Anpassung der Gradation in der Schwarzweiß-Vergrößerung verwenden, aber sehr genau ist das nicht. Besser ist da der Einsatz der Gradationsfilter (Farbmischkopf auf rein weiß einstellen – in der Regel haben modernere Vergrößerer eine Filterschublade trotz aufgesetztem Farbmischkopf). Wenn ein Vergrößerer einen Farbmischkopf hat, ist das keineswegs schlecht, da man vielleicht auch einmal in die Vergrößerung von Farbbildern eintauchen möchte.

Die Entdeckungsreise „Dunkelkammer“ ist ein spannender Weg. Wer einen Raum zu Verfügung hat, der vollkommen abgedunkelt werden kann und dort ein Rotlicht aufstellt (Kenner nennen die Dunkelkammer auch „Rotlicht-Bezirk“), ist bereits bestens auf die schwarzweiße Dunkelkammer-Arbeit vorbereitet. Nun braucht man nur noch einen Vergrößerer und ein paar Fotoschalen vom Gebrauchtmarkt und es kann losgehen. Für Farbvergrößerungen benötigt man noch ein wenig mehr Ausstattung, aber damit sollte man sowieso erst beginnen, wenn man das Schwarzweiße im Griff hat. Bleibt nur noch das Thema der Zeitschaltuhr, die den Belichtungsvorgang steuert. Hier sollte man sich nicht auf historische Schätzchen verlassen, da moderne Fotopapiere schneller und feiner auf Licht reagieren, als die Papiere vergangener Tage. Deshalb raten wir jedem Dunkelkammer-Einsteiger eine moderne Zeitschaltuhr zu kaufen – die sind auch auf 1/10 Sekundentakte ausgelegt, so wie es heute in der modernen Dunkelkammer-Arbeit notwendig ist. Aber jetzt kann es wirklich losgehen. Und was ist, wenn die Lampe des Vergrößerers kaputt ist? Kein Problem! Die in den meisten Vergrößerern verwendeten Opallampen und die sind vom EU-Verbot der Glühlampen ausgenommen. Auch für die sogenannten Kaltlicht-Vergrößerer, also jene die mit Halogenlicht arbeiten, gibt es Ersatzlampen.

Ganz am Ende mag bei der Wahl des richtigen Vergrößerers vielleicht doch noch einmal Verwirrung aufkommen. In Fotografenkreisen wird gerne darüber philosophiert, ob ein Vergrößerer mit Kondenser, Diffusor oder Mischsystem die bessere Wahl sei. Jetzt einmal ganz ehrlich: Jeder findet das gut, was er hat. Es wird wohl so sein, dass in Feinheiten das eine oder andere System Vorzüge und auch Nachteile hat. Um all diese Feinheiten auszuloten, wird ein Anfänger in der Dunkelkammer jedoch noch einige Jahre benötigen. Und auch hier wieder der alles entscheidende Fakt in der Fotografie: Jeder erarbeitet sich die auf seine Ausstattung passenden Arbeitsmethoden und erreicht damit die für seine Ansprüche passenden Ergebnisse. Durch das Studium von Datenblättern ist noch niemals ein gutes Bild entstanden – es ist alles eine Sache der Übung und des Machens. Spaß hat man auf jeden Fall mit seinen Abzügen aus der Dunkelkammer. Eine große Anzahl Fotografen sagen mit Fug und Recht, dass das beste Bild im Rotlicht-Bezirk entsteht.


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